Brettsperrholz ist ein Werkstoff, der aus verleimten Holzplatten besteht und oft als Rohstofffresser bezeichnet wird. Das von Holz-21-regio geförderte Forschungsvorhaben "BSP_Modular" hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Werkstoff weiterzuentwickeln und zu funktionalisieren, um ihn ressourceneffizienter herzustellen und konkurrenzfähiger zu machen. Das Konsortium besteht aus dem Architekturbüro Koop Architekten und Ingenieure aus Weimar, der Zimmerei Hendrik Walther aus Nauendorf und Forschern der HTWK Leipzig aus dem Bereich der Tragwerkslehre. Neben der Forschung ist BSP_Modular auch dabei, eine regionale Brettsperrholzproduktion in der Nähe von Neustadt an der Orla zu errichten und somit einen Strukturwandel basierend auf dem heimischen Werkstoff Holz voranzutreiben. Holz-21-regio freut sich sehr über den realen Strukturwandel durch den Aufbau der Brettsperrholzproduktion und begrüßt die gelebte Verbindung von Forschung und Praxis für einen nachhaltigen Strukturwandel in der Bündnisregion. Patrick Voigt, Strategieentwickler für die Holz-21-regio-Strategie, hat die Kollegen zu ihrem Projekt befragt.
Patrick Voigt: Hallo zusammen, vielleicht könnt ihr mich kurz abholen. Warum Brettsperrholz, warum modular?
Prof. Dr. Alexander Stahr:
Brettsperrholz, das muss man ganz klar sagen, ist im Holzbau eine Revolution. Wir haben Flächenelemente, wir haben ganz andere Fügemöglichkeiten und Prinzipien, homogenen Wandaufbau, wir können gleichzeitig Decken und Wände bauen und dabei die Präzision des Holzbaus erhalten. Hier steckt ein riesiges Potential drin, welches wir noch weiter ausschöpfen müssen – hierfür braucht es Forschung und Entwicklung! Wir brauchen Innovation, um aus dem Mainstream herauszukommen und mit einem anderen Angebot auch andere Preise erzielen zu können. Sonst wird es ein schwieriger Preiskampf gegen große, etablierte Anbieter. Dann sind die Transportkosten am Ende des Tages, nicht das ausschlaggebende Argument für den Anwender, sich für unser Holz zu entscheiden. Sonst lohnt sich am Ende des Tages – rein monetär, nicht klimatechnisch oder gesellschaftlich, nachhaltig gesehen – der Transport aus den weiten Transportentfernungen für den Endkunden, anstelle des regionalen Produkts. Die Innovation im Produkt hilft unserer neuen, regionalen Lieferkette mit der etablierten Lieferkette überhaupt in Konkurrenz treten zu können.
Das BSP_Modular Team: Hendrik Walther, Lars Christoph und Prof. Dr. ing. Alexander Stahr im Gespräch mit Sascha Lummitsch (v.l.n.r.). Foto: Grit Gröbel.
Patrick: Was ist eure persönliche Motivation hinter dem Projekt?
Hendrik Walther: Wir, also Lars als Architekt im Holzbaubereich und ich mit meiner Zimmerei, haben einen großen Kundenstamm, der auch Wert auf Autarkie legt. Ich denke, dass unsere zukünftige Bauherren-Generation immer mehr in Richtung Regionalität geht – Nachhaltigkeit spielt hierbei eine immer größere Rolle. Diesen Bedarf können und wollen wir decken. Uns stört, dass wir gerade im Massivholzbereich einen Großteil der Wertschöpfung nicht bei uns in Thüringen haben.
Lars Christoph: Wir machen viel mit Brettsperrholz (BSP), hierbei ärgert uns sehr, dass wir dieses teilweise aus 500 km Entfernung nach Thüringen „herankarren“ müssen und hier keine Wertschöpfung stattfindet. Und das, obwohl Thüringen ein waldreiches Bundesland ist, welches in dieser Frage leider eher wie ein Entwicklungsland wirkt. Dieses Problem wollten wir anpacken, und haben uns gefragt was wir tatsächlich tun könnten. Unsere Vision ist es, eine kleine Brettsperrholzproduktion in Thüringen zu organisieren, die gut mit den Waldbesitzern, Handwerkern und Anwendern vernetzt ist.
Prof. Dr. Alexander Stahr: Wenn wir es nicht schaffen, zeitnah den Hebel umzulegen – das Zeitfenster ist wirklich kurz, vielleicht eine Dekade – dann bekommen wir Probleme, unseren Wohlstand zu erhalten.
Hierfür sehe ich genau zwei Wege: erstens Verzicht, was ich sehr schwer sehe. Es geht meines Erachtens nach nicht am Thema Ressourceneffizienz vorbei. Das schließt einerseits vor allem kurze regionale Transportketten ein. Anderseits ist Brettsperrholz ein Ressourcenfresser und muss konzeptionell weiterentwickelt werden. Hier wollen wir mit BSP_Modular ansetzen. Bspw. indem wir in den Kernlagen, mit geringer Auslastung nur jedes zweite Brett einbauen und die Lücken mit Dämmung im Wandaufbau oder mit Splitt im Deckenaufbau (für den Trittschallschutz) füllen.
Bürobau, Schul- und Kitabau, Wohngebäude – es gibt eine riesige Palette von Bauaufgaben, wo wir mit Holz bauen können und wo wir Mauerwerk durch Holz substituieren könnten. Hier müssen wir rein, hier muss es unser Ziel sein, Vorreiter zu werden.
„Wir müssen in Thüringen nicht darüber nachdenken Abfälle oder Reststoffe in die Erde zu verfrachten und uns über die Folgen Gedanken machen. Sondern wir bauen einfach mit Holz. Das ist alles.“
Prof. Dr. Alexander Stahr im Interview mit Patrick Voigt
Patrick: Welche positiven Auswirkungen auf die Region erwartet ihr euch von eurem Projekt?
Prof. Dr. Alexander Stahr:
Hier möchte ich gerne einen Vergleich anbringen: Nehmen wir bspw. Österreich, ein bergreiches Land. Man kann jetzt aus zwei Blickwinkeln auf die Berge schauen. Einerseits kann man sie als hindernisreichen Haufen Steine sehen oder man kann die vielen Chancen erkennen – also für allein die mannigfaltigen Tourismusmöglichkeiten, Skifahren, Fahrradfahren und Klettersport, Genusswandern und und und … . Und ähnlich möchte ich gerne auf den Thüringer Wald blicken können. Nicht rein im touristischen Sinne, sondern bezogen auf die Wertschöpfungskette Wald-Holz-Gesellschaft. Der Thüringer Wald hat ein riesiges Potential, und ich würde mich freuen, wenn die Menschen im Thüringer Wald in der Perspektive dieses Potential sehen. Also dass sie in ihrer Heimat Arbeit finden können, dass ihr Wald verantworungsvoll bewirtschaftet wird und dass die von ihnen hergestellten Produkte bpsw. in der Stadt einen sinnvollen Nutzen stiften und einen riesen Beitrag zu sofort wirksamem Klimaschutz leisten. Wir müssen in Thüringen bspw. nicht darüber nachdenken, Abfälle oder Reststoffe in die Erde zu verfrachten, und uns über die Folgen Gedanken machen. Sondern wir bauen einfach mit Holz. Das ist alles.
Lars Christoph:
Aus unserer Sicht kann es die Leute auch stolz machen, hier zu leben, weil sie sehen, was für tolle Produkte hier aus heimischem Holz entstehen und welchen Beitrag diese Produkte leisten.
Alexander Stahr:
Jemand aus Wolfsburg kann sich bspw. schnell mit einem Golf identifizieren, wenn er bspw. in München einen Golf fahren sieht – er weiß dann genau – ah der ist bei uns in Wolfsburg gebaut worden. Unser Brettsperrholz wird nicht umherfahren, aber hat das Potential ganz entscheidende Veränderungen herbeizuführen. Bezahlbare, gesunde – wir können folienfrei bauen! – Wohnbedingungen.
Patrick: Inwiefern hat das WIR!-Bündnis Holz-21-regio euch beim Projekt unterstützt und dazu beigetragen, dass es ein Erfolg wird?
Hendrik Walther:
Für uns hat allein die Vernetzung mit den Hochschulen eine ganz andere Qualität gebracht. Hierdurch haben wir (also Lars und ich) eine ganz andere Bandbreite an Ideen erhalten und weiteren Input für technische Lösungen bekommen. Darüber hinaus erhoffen wir uns, dass wir durch eure Initiative insgesamt mehr politisches Gehör für Holzbau bekommen.
Lars Christoph:
Wie Alexander schon sagte – Wir können unser Produkt aus unserer Sicht nur gut am Markt platzieren, wenn wir da auch Innovationen dabeihaben. Innovative Forschung muss man sich leisten können, vor allem in so einem frühen Stadium, in dem wir uns mit dem Aufbau unserer Brettsperrholzfertigung befinden. Hier haben wir durch die finanzielle Förderung durch Holz-21-regio unglaubliche Unterstützung erfahren.